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Stellungnahme zu Natalie Beer

Felder-Verein distanziert sich von Verleihung der Felder-Medaille

 

Natalie Beer, 1903 in Au im Bregenzerwald geboren, übersiedelte mit ihrer Familie in den 1920-Jahren nach Rankweil. Sie war früh begeistert von Adolf Hitler und begrüßte die Zeit des Nationalsozialismus 1938 im „Vorarlberger Tagblatt“ mit dem Artikel „Als ich zum ersten Mal den Führer sah“. Beer wurde 1940 Mitglied der NSDAP und der Reichsschrifttumskammer. Sie hatte verschiedene Funktionen im „Dritten Reich“ inne, wurde dennoch nach dem Ende des Hitler-Regimes Sekretärin in der neu gegründeten Dornbirner Messe, die als Auffangbecken für alte Nationalsozialisten galt. Schnell konnte sich Natalie Beer im neuen demokratischen Staat als Dichterin etablieren, wobei die Politik in Vorarlberg wesentlich daran Anteil hatte. So erhielt sie etwa 1975 das Silberne Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg oder 1977 den Professorentitel, dazu eine sonst in keinem einzigen Fall zuerkannte dauerhafte monatliche Ehrenpension des Landes. Neben anderen wurde ihr im Mai 1983 vom Felder-Verein die Franz-Michael-Felder-Medaille verliehen.

 

Aufgrund ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit gab es in den 1980-Jahren heftige Diskussionen um Natalie Beer, ausgelöst wurden sie durch ein Interview, das Michael Köhlmeier mit ihr im ORF Radio Vorarlberg anlässlich des Erscheinens ihrer Lebenserinnerungen „Der brennende Rosenbusch“ im Juli 1983 führte und in dem Beer die NS-Ideologie nach wie vor verherrlichte. Das führte auch zu Zweifeln im Franz-Michael-Felder-Verein, der in der 15. Jahreshauptversammlung im Jahre 1983 festhielt: »Der Verein hätte sich die Verleihung dieser Ehrung gründlich überlegt, wenn diese Äußerungen und Publikationen vorher bekannt gewesen wären.« Immerhin ein leiser Versuch, sich von Natalie Beer zu distanzieren.

 

1984 hielt Harald Walser in der „Allmende“, Heft 9, dezidiert fest: „Um den Skandal, den die Förderung dieser Schriftstellerin durch politisch und kulturell Verantwortliche seit vielen Jahren darstellt, in seinem ganzen Umfang zu ermessen, muss man auch das Leben der Hochgeehrten nach 1945 in Betracht ziehen. Natalie Beer macht aus der Verachtung gegenüber jenen, die sich mit den nach 1945 wiedererstandenen demokratischen Verhältnissen arrangierten, kein Hehl und bekennt sich nach wie vor zur ‚Idee‘ des Nationalsozialismus.“ Meinrad Pichler wird im dritten Band seiner „Geschichte Vorarlbergs“ (Innsbruck 2015) noch deutlicher: „Natalie Beer beharrte auch über die NS-Katastrophe hinaus trotzig auf ihrem Irrweg und nannte ihre Gesinnungsgenossen, die ‚nachher zu Kreuz gekrochen‘ sind, ‚Verräter‘. Trotzdem blieb sie, die 1934 mit ihrem ersten Gedichtband (...) in die Vorarlberger Literaturszene trat, bis zu ihrem Tod belobigt, ausgezeichnet und öffentlich versorgt, obwohl sie in den langen Jahren zwischen 1930 und 1980 weder als Lyrikerin und Erzählerin eine spürbare poetologische Entwicklung durchgemacht noch politische Einsicht gezeigt hatte.“

 

Solche Erkenntnisse sind im „Fall Beer“ also schon länger bekannt, weshalb sich der neue Vorstand des Franz-Michael-Felder-Vereins einstimmig dafür ausgesprochen hat, sich von der Verleihung der Felder-Medaille an Natalie Beer in aller Form zu distanzieren. Natalie Beer entsprach zu keiner Zeit ihres Lebens den politischen, sozialen und auch nicht literarischen Idealen eines Franz Michael Felder, weshalb eine Auszeichnung dieser Art völlig unangemessen war. Der Verein betrachtet damit auch die immer wieder aufgekommenen Diskussionen um die Verleihung der Felder-Medaille als erledigt.